Alle Bilder auf dieser Seite beinhalten ein Copyright durch Hanna Wagner.
Ein Gastbeitrag von Hanna Wagner
Als Reisefotografin preise ich in der Regel primär meine Bilder an. Ein paar kurze Texte zu den Besonderheiten einer Stadt, den Eigenheiten einer Landschaft oder zu den speziellen Charakteristika kulinarischer Köstlichkeiten dienen lediglich als Anreißer für Bilderschauen, die ich auf meiner Website oder per Facebook veröffentliche. Christin Wanderlust hat mich nun eingeladen, hier einen Gastbeitrag beizusteuern, und zu den Bildern auch ein paar Details zu erzählen. Für diese Ehre vielen lieben Dank!
Auf einer Fototour im Rhein-Neckar-Gebiet habe ich diesen Sommer einige Städte erkundet und war positiv überrascht von der Vielfalt ihrer Sehenswürdigkeiten und dem Reichtum schöner Motive. Zu meinen spannendsten Erfahrungen zählen die Tage in der Nibelungenstadt Worms, die mich mit der Freundlichkeit ihrer Bewohner beeindruckt hat sowie mit Attraktionen, die völlig unerwartet des Weges kamen. Von nichts geringerem als dem berühmten Nibelungenschatz selbst ist hier die Rede, vom Heiligen Sand und einem lauschigen Kirchengarten, der erst entdeckt werden will. Der romanische Kaiserdom, der im 12. Jh. entstand und nicht nur Schauplatz großer historischer Ereignisse war, sondern auch alljährlich grandiose Kulisse der Nibelungenfestspiele ist, spielte für mich diesmal fotografisch eher eine Nebenrolle. Ich hoffe aber, eines Tages zurückzukehren und seine ganze Pracht ohne Bauzäune, Gerüste und Absperrgitter näher in Augenschein nehmen zu können.
Wormser Kaiserdom St. Peter
Eine sensationelle Entschädigung für den bescheidenen Auftritt des Wormser Domes bot allerdings das Hotel Boos, in dem ich mein Quartier gebucht hatte. Denn es entpuppte sich als wahrer Hort des Nibelungenschatzes! Das golden schimmernde Geschmeide, das mir der Hausherr dieses als Familienbetrieb geführten Hotels im Hinterzimmer zeigte, wird wohl behütet von dem Zwergen Albarich, der sich mit tiefer Stimme zu Wort meldet, sobald man sich der Vitrine mit dem glänzenden Schatz nähert. Diese wunderbare Inszenierung ist Teil eines liebevoll gestalteten Privatmuseums, das Peter Boos hier im Lauf der Jahre geschaffen hat. Und ohne dem namhaften Wormser Nibelungenmuseum in den Türmen der Stadtmauer zu nahe treten zu wollen, stellte dieses geistreich amüsante Arrangement im Hotel Boos für mich die Krönung meiner Wormser Nibelungenerlebnisse dar. Seinen besonderen Charme entfaltet es dann, wenn Peter Boos zu erzählen beginnt und seine lyrischen Fähigkeiten zur Nibelungensage zum Besten gibt.
Peter Boos und sein Nibelungenmuseum im Hotel Boos
Als weiteren Höhepunkt in Worms, das nicht wie etwa Heidelberg und Speyer über ein prachtvolles geschlossenes Altstadt-Ensemble verfügt, habe ich den Heiligen Sand erlebt. Er gilt als ältester erhaltener jüdischer Friedhof Europas und dürfte in etwa zeitgleich mit der ersten Synagoge in Worms um 1034 angelegt worden sein. Seinen klangvollen Namen verdankt dieser überaus romantische Gottesacker der Legende, das Areal sei mit Sand aus dem Heiligen Land aufgeschüttet worden. Mehr als 1000 Grabsteine aus dem hier typischen roten Sandstein, teils schlicht und schmucklos, teils mit kaum entzifferbaren hebräischen Inschriften, stehen windschief und vom Moos umgarnt auf der weiten Grünfläche unter mächtigen alten Bäumen. Bedeutende Rabbiner und Kantoren fanden hier ihre letzte Ruhe und bezeugen die einstige Bedeutung von Worms als Stätte jüdischer Gelehrsamkeit. Auf den schmalen Pfaden zwischen den verwitterten Grabsteinen wandelnd, kann man sich der einzigartigen Atmosphäre und Mystik dieses Ortes kaum entziehen.
Jüdischer Friedhof Heiliger Sand
Ein Ort der Stille und eine überraschende Entdeckung inmitten der betriebsamen Innenstadt ist zudem der romantische Innenhofgarten der Stiftskirche St. Martin. Er liegt versteckt hinter einer alten Pforte und bietet mit seinen Orangen- und Zitronenbäumchen in schmucken Terrakottatöpfen, knorrigen Olivenbäumen und stilvoll zwischen hübsch möblierten Gartenpavillons und sprudelndem Brunnenrund drapierten Pflanzkübeln einen unerwartet mediterranen Anblick. Kleine Holzbänke laden dazu ein, in diesem lauschigen Ambiente zu verweilen und die Zeit zu vergessen. Ein ideales Plätzchen also, um nach einer Stadtbesichtigung die vielen Eindrücke dieses Streifzugs durch 2000 Jahre Kulturgeschichte Revue passieren zu lassen.
Garten im Innenhof
Zur Gastautorin Hanna Wagner:
Hanna ist seit 1998 auf dem Reisebildmarkt etabliert, ihre Bilder wollen Reiselust wecken und die reizvollen Facetten einer Destination in ihrer ganzen Vielfalt darstellen. Ihr Angebot umfasst Deutschland mit seinen Regionen, Europa, Nordamerika und Teile Asiens. Hanna Wagner vertreibt ihre Bilder über das Mediennetzwerk picturemaxx sowie über ihre Website http://www.hanna-wagner.net. Außerdem erreichst du sie auch auf ihrer Facebook-Seite Hanna Wagner Reisefotografie.
4 Comments
Toll, dass wir endlich den wahren Hüter des Nibelungenschatzes kennen lernen dürfen!
Haha. Ja, ne! Man lernt nie aus 🙂
Freue mich auf das Hotel BOOS – Habe in meiner Jugend oft in BOOS (Eifel) Fußball gespielt. Besuche im August die Nibelungenspiele und freue mich auch auf die Rheinreise vom Deutschen Eck nach Worms am Rhein!
Manfred Grün, Koblenz
Hallo Manfred,
das klingt ja spannend. Da wünsche ich dir auf jeden Fall viel Spaß!
Ich selbst muss wohl auch mal nach Worms, nachdem Hanna in diesem Beitrag so viel geschwärmt hat.
Schöne Grüße aus China in meine Studiumsstadt Koblenz sendet dir,
Christin