Die verlorene Stadt: schweißtreibende Angelegenheiten & abschreckende Riten
17. November 2016Buntes und geschichtsträchtiges Cartagena
30. November 2016Nachdem die letzten Wochen vor unserer Weltreise mit vielen Vorbereitungsdetails voll und doch recht stressig waren, hatten wir wenig Zeit für eine vernünftige Reiseplanung. So wussten wir relativ wenig über Kolumbien, geschweige denn über den Norden von Kolumbien. Den Umrechnungskurs haben wir kurz vorm los fliegen noch am Frankfurter Flughafen gecheckt. Demnach konnten wir uns das Gewicht für die Reiselektüre dann sparen.
Immerhin wussten wir, dass wir möglichst schnell Richtung Sonne, Strand und surfbaren Wellen kommen wollten.
In meinem Beitrag zu Bogotá habe ich ja bereits über unsere erste Unterkunft und unsere dortigen Gastgeber geschwärmt. Und so kam der Tipp auch von unserem Host Juan. „Fliegt doch nach Santa Marta, das ist wunderschön und sonnig.“ Wunderbar! Das klang doch super!
Billiges Fliegen in Kolumbien
Mit diesem Vorschlag setzten wir uns direkt an den Computer und waren überrascht, wie preiswert es sich in Kolumbien fliegen lässt. Dabei hat uns Juan vor der Low-Budget Fluglinie Viva Columbia gewarnt. Diese lassen wohl öfter einfach mal Flüge ausfallen und überzeugen dann durch überdurchschnittlich schlechten Kundenservice. Na das kennen wir doch von europäischen Budget-Airlines.
Wir sind stattdessen mit Latam Airlines geflogen – abgesehen von der geringen Beinfreiheit war das okay. Weil wir unbedingt direkt hochfliegen wollten, hat uns der Flug circa 80 Euro pro Person gekostet. Hätten wir ein paar Tage gewartet, hätten wir sogar für schlappe 40 Euro fliegen können.
Um am Ende doch noch ein paar Euronen zu sparen, sind wir nicht direkt nach Santa Marta geflogen, sondern in das circa 100 Kilometer entfernte Barranquilla.
Nichts als Einkaufsrummel in Barranquilla
Barranquilla war für uns allein ein Zwischenstop, auf dem Weg nach Santa Marta. Die Stadt hat nicht viel mehr versprochen, außer eine Businessstadt mit unschönem Strand zu sein.
Am liebsten wären wir direkt nach Santa Marta aufgebrochen, doch im Internet haben wir nur eine einzige Busverbindung am Tag gefunden. Und weil das Internet ist, was es ist, haben wir diesem natürlich geglaubt.
Nach einer Nacht zwischen bereits existierenden und zahlreichen im Bau befindlichen Shopping Centern, ohne viel Flair, hat sich nächsten Tag herausgestellt, dass das Internet doch nicht immer recht hat. So gibt es am Terminal Officina la 93 des Busunternehmens Berlinas zahlreiche Busverbindungen nach Santa Marta. Und zwar den lieben, ganzen Tag lang, im 20 Minuten Rhythmus.
Immerhin haben wir einmal mehr eine nette Airbnb-Unterkunft gefunden und dafür gesorgt, dass am Ende Cologne an der Wand der Unterkunft stand.
Die Heimatorte der Gäste werden an der Wand ergänzt
Angekommen in Santa Marta, angekommen im Norden Kolumbien
Am Tag vier unserer Kolumbienreise war es dann also soweit. Der Strand war greifbar nahe und unser Busfahrer hat uns in irgendeinem Wohngebiet in Santa Marta abgesetzt. Glücklicherweise kostet ein Taxi ja fast nichts und wir haben auch die letzten Meter bis in die Unterkunft unserer Wahl geschafft.
Unsere Übernachtungsentscheidung fiel dieses Mal auf ein Hostel und wir waren mit dem Dreamer Hostel sehr zufrieden. Für 95.000 Pesos (knapp 30 Euro) haben wir hier ein Doppelzimmer bekommen und konnten darüber hinaus den Luxus eines Pools und einer Bar genießen. Yeah! Damit fühlten wir uns wirklich angekommen in Kolumbien und auf Reisen!
Ein Pool, das ist doch mal was Feines!
Verrücktes Bussystem
Einen weiten Weg haben wir auf uns genommen, um den Strand zu erreichen. Wir sind knappe acht tausend Kilometer über den Atlantik, dann nochmal 1.000 Kilometer durch Kolumbiens Luft geflogen und haben schließlich 105 Kilometer in einem Bus gesessen - dann waren wir endlich in Strandnähe. Natürlich waren wir damit Strandreif und sind direkt zu dem angeblich schönsten Strand in der Region aufgebrochen: dem Playa Rodadero.
Es war nunmehr Sonntag und wir haben den lokalen Bus zum Strand genommen. Dabei ist das Fahren der lokalen Busse ein Erlebnis. Von A nach B zu kommen dauert hierbei ewig, kostet dafür aber auch keine 80 Cent pro Fahrt (2.000 Pesos).
Bus fahren funktioniert so, dass man sich an die Strasse stellt und penibel auf die Beschriftungen vorne in den Bussen achtet. Diese verraten nämlich das Fahrtziel des selbigen. Wenn dann der richtige Bus an einem vorbei rauschen möchte, hält man die Hand raus und winkt dem Busfahrer.
Das ist so ein Bus, vorne links steht das Fahrtziel im Fenster
Dieser tritt daraufhin in die Eisen und hält an. Wenn der Fahrer es eilig hat, rollt er auch manchmal langsam an einem vorbei. Man springt rein, der Busfahrer drückt wieder aufs Gas und mit einer fetten schwarzen Rauchwolke hinterm Bus geht die Fahrt weiter. Das klingt erstmal passabel. Da aber auch schonmal mehrere Fahrgäste circa 30 Meter auseinander stehen, mündet die Fahrt nicht zuletzt wegen der vollen Strassen in ein pures Stop & Go.
Erwachen am Strand
Nichtsdestotrotz haben wir den vielleicht zehn Kilometer entfernten Strand nach circa 1,5 Stunden Busfahrt auch schon erreicht. Unsere Vorfreude war groß, wurde dann jedoch schnell wieder getrübt.
So saßen an diesem Sonntag Himmel und Menschen an dem Strand. Gerade hat die Polizei noch ein paar Taschendiebe neben uns Dingfest gemacht und schon ging der Trubel drumherum weiter. Von jedem Händler wurden wir angesprochen, ob wir nicht mit dem Boot auf die Insel Blanco fahren oder was kaufen wollten oder überhaupt.
Voll, voller, dieser Strand
Buntes Treiben am Strand in Rodadero
In der Ferne sahen wir einen Ausweg. Ein Café! Also sind wir, zack, rein, haben die Tür hinter uns zugemacht und sind in eine andere, entspannte Welt eingetaucht. Diese Tür hat zwei Welten getrennt und so haben wir uns nach dem wirklich leckeren Kaffee direkt wieder auf den Rückweg gemacht.
Auf dem Rückweg hätten wir gerne nochmal die Innenstadt von Santa Marta unsicher gemacht. Schnell zeigte sich aber, dass hier an einem Sonntag wirklich nichts los ist – klar auch, immerhin saßen alle Kolumbianer an dem anderen Strand. Nach ein paar Fotos vom lokalen Strand und der Kirche stand bei uns deswegen dann nur noch ein Ziel auf dem Programm: ab in den Pool!
Santa Marta als Basis für viele Ausflugsziele
Santa Marta ist, wie wir festgestellt haben, eher eine gute Basis für verschiedene Ausflugsziele in der Region. So lässt sich von hieraus wunderbar der Tayrona Park besuchen, die Ciudad Perdida oder aber Palomino.
Wir haben uns die lohnende Anstrengung der Ciudad Perdida natürlich nicht entgehen lassen, bevor wir nach Palomino aufgebrochen sind.
Ein neuer Strandversuch in Palomino
Das kleine, aber feine Palomino. Hier wurden uns jetzt aber wirklich ein schöner Strand und mit etwas Glück auch die surfbaren Wellen versprochen. So sind wir, nachdem wir vier schweißtreibende Tage Richtung der verlorenen Stadt unterwegs waren, abermals mit dem Bus weitergefahren. Wieder mussten wir uns nur an die Strasse stellen, den richtigen Bus anhalten und zwei Stunden später waren wir dann auch schon im 60 Kilometer entfernten Palomino.
Und ja. Kaum angekommen stellten wir fest, dass wir hier wirklich richtig waren.
Eine dieser Strassen in Palomino
Am Strand in Palomino, am ersten Tag war es noch etwas bewölkt
Es gibt genau eine gepflasterte Strasse, die Hauptstrasse. Von da an gehen ein paar Schotterpisten in alle Richtungen ab, richtig schön voll mit Wasser gefüllten Schlaglöchern und so. Wir sind natürlich Richtung Strand gelaufen und haben auf dem Weg zunächst mal in das Bella Flora Hostel eingecheckt.
Ein paar surfbare Wellen in Palomino
Am Strand angekommen, trafen wir auf Hippies, Urlaub machende Kolumbianer und Reisende zugleich. Was für eine wunderbare Kombination. Einer der Hippies sass neben ein paar Surfbrettern, die er vermietet hat und so bin ich tatsächlich in den Genuss kolumbianischer Wellen gekommen – wenn auch nur kleine. Waldemar hat es während dessen vorgezogen, sich ausgiebig mit Magenproblemen zu beschäftigen und musste deswegen leider auf das Wellenerlebnis verzichten.
So richtig große Wellen gab es zwar nicht...
... aber für ein paar Standups hat es gereicht
Tubing - zwischen Lebensgefahr und Spaß
Ein großes Highlight in Palomino ist das Tubing. Hierbei werden die verrückten Reisenden mit Motorrollern einen Fluss hinauf gefahren und dann mit einem großen Gummireifen im Dschungel abgesetzt. Nach einer zwanzig Minütigen Wanderung durch diesen, setzt sich der Reisende auf den Reifen und lässt sich circa 1,5 Stunden auf dem Fluss Richtung Meer treiben. Die Gummireifen und die dazugehörigen Motortaxis lassen sich (wirklich!!) überall im Ort ordern.
So sieht ein Stand mit Tubes beispielsweise aus
Dafür sollte man als Reisender keinesfalls mehr als 15.000 Pesos zahlen (oft werden im ersten Versuch 30.000 gefordert). Immerhin muss man auf dem gewagten „Weg“ mit dem Motorrad schonmal einige Gedanken an den Tod verwenden und dann eben zwanzig Minuten barfuss durch den Wald laufen. Nagut, man könnte auch Schuhe anziehen, aber die sind dann beim Tubing-Erlebnis nicht mehr so ratsam.
Wer den Weg zum Fluss aber überlebt, der hat definitiv Spaß beim Tuben. Am Meer angekommen, lässt es sich dann einfach wieder in den Ort zurück laufen. Wir haben das Ganze mit Jo aus England und Kath aus den Staaten prozessiert und fanden es -nach überlebter Motorradfahrt- super.
Empfehlungen in Palomino
Neben den folgenden Location-Empfehlungen, ist es in Palomino ebenso ratsam, genug Bares mitzubringen. So gibt es in dem Ort keinen Geldautomaten und wer ohne Bargeld kommt, muss wohl 18 Kilometer mit dem Motortaxi zum Automaten fahren.
Bella Flora Hostel
Ich habe mich erst auf den zweiten Blick in das Hostel verliebt. Zunächst wirkte es wenig einladend. Als wir aber mit dem Besitzer Pedro etwas wärmer geworden sind und spätestens mit dem grandiosen Frühstück, haben wir dieses Hostel zu schätzen gelernt. Mit 30.000 Pesos für ein Dorm-Bett inklusive Frühstück bewahrt das Hostel ein tolles Preisleistungsverhältnis.
Der Eingang zum Hostel Bella Flora
Pizzeria in Palomino
In la Frontera sind die Pizzen riesig, die Atmosphäre nett und die Bedienung ist überaus freundlich. Für circa 18.000 Pesos bekommt man die wohl beste Pizza ausserhalb Italiens.
Tagsüber verwandelt sich die Pizzeria in einen hippen Laden
Die wohl besten Burger Kolumbiens
La Hamburgesas Wallas von Domicilic liegt direkt auf der Hauptstrasse. Davon solltest du dich aber keinesfalls abschrecken lassen, denn die Burger die es hier gibt, sind jedes Gehupe wert. Unglaublich freundlich gibt es hier auch eine vegetarische Variante mit Linsen und leckere Fritten für wenig Geld.
Schlussplädoyer
Die Ecke um Santa Marta ist auf einer Reise durch Kolumbien definitiv einen Besuch wert. Uns hat Palomino am besten gefallen. Gleichzeitig sind wir froh, dass wir die Anstrengung zur verlorenen Stadt nicht gescheut haben.
Der Tayrona Park und Minca sind zwei Ziele hier oben, von denen Reisende um uns herum auch nur geschwärmt haben. Wir haben diese beiden Destinationen ausgelassen, immerhin brauchen wir einen Grund, um wieder zu kommen. Die Tatsache, dass Kolumbien weiterhin und überhaupt auf die Liste für alle Reisenden gehört, ist jedenfalls klar (warum, liest du auch hier).
Wir grüßen aus dem Bus
6 Comments
Hallo Christin,
das freut mich, dass es letztlich dann doch noch ein Happy-End mit Strand und Surfen für euch gab 🙂 Für uns geht es ja auch bald nach Kolumbien (worauf wir uns schon unheimlich freuen) und da scheint Palomino ja eine top Adresse zu sein! Und das Busfahren scheint hier in Lateinamerika auch überall gleich zu sein – einfach ein Abenteuer 🙂
Ich wünsche euch noch ganz viel Spaß und aufregende Abenteuer!
Liebe Grüße
Chris
Hey, hey Chris,
auf jeden Fall – es hat Spaß gemacht, in Palomino… auch auf der Welle zu stehen. Mit dem Ort macht ihr sicher nichts verkehrt und auf Kolumbien könnt ihr euch wirklich auch freuen. Wir sind fast ein bisschen traurig, dass es Mittwoch „schon“ nach Chile geht.
Auf die Busse in Argentinien freue ich mich wiederum riesig – die sind da nämlich großartig 🙂
Habt ihr auch weiterhin viel Spaß auf der Reise,
Christin
Hi Christin,
das hört sich doch nach einem guten Start an 🙂 Ich bin damals von Santa Marta aus an den Strand nach Taganga gefahren. Das ist ein kleiner Ort mit vielen Backpacker Möglichkeiten. Übernachtet habe ich dort allerdings nicht, weil es damals (2013) in der Dunkelheit nicht ganz sicher war auf den Straßen. Aber zum Tauchen und für einen kleinen Strand und nette Restaurants war Taganga perfekt. In Santa Marta kann ich auch noch das Drop Bear Hostel empfehlen.
Freu mich schon auf deine Berichte zu Chile!
Viele Grüße
Imke
Liebe Imke,
vielen Dank für deine Zeilen. Definitiv, es ist super gut gestartet. Taganga haben wir tatsächlich auch öfter mal gehört. Mittlerweile sind wir schon wieder in Bogotá und am Mittwoch geht es nach Chile – ich bin etwas hinterher mit dem Schreiben 🙂 Aber wir waren ganz sicher nicht zum letzten Mal in Kolumbien. Es ist so ein tolles Land.
Schöne Grüße nach Hamburg,
Christin
Hallo Christin und Waldemar,
ich lese ganz begeistet die tollen Berichte und begleite euch aus der Ferne auf eurer Reise. Wir wünschen euch ein fantastisches, glückliches und gesundes Jahr 2017 mit spektakulären Erlebnissen, vielen neuen Eindrücken und interessanten Menschen.
Liebe Grüße
Sybille & Peter
Hallo ihr beiden,
vielen lieben Dank für eure tollen Worte! Da freuen wir uns sehr drüber! Habt auch ein fantastischen Start in ein grandioses Jahr 2017 und wir sind dann genauso gespannt, auf eure Kubaberichte 🙂
Liebe Grüße aus dem entspannten Surferort Raglan in Neuseeland senden,
Waldemar und Christin